WIE FUNKTIONIERT DAS MIT DEM SOCIALPANORAMA?

Der psychologische Hintergrund des „Sozialen Panoramas“.


Die Anatomie des zentralen Nervensystems zwingt Menschen dazu, Modelle ihrer Umgebung zu machen. Das angeborene System der Neuronen vergrößert und stärkt gleichzeitige und aufeinander folgende Verbindungen. (contingency association & contiguity association). Alle neuen Verbindungen werden nach dem „Ruheprinzip“ zu dauerhaften Verbindungen. Die Verstärkung neu genutzter Verbindungen erfolgt nach einer Neuronenaktivität während der Ruhephasen. In anderen Worten: wir lernen, nachdem wir eine Übung gemacht haben.

Die neurologische Theorie des „Ruheprinzips“ (Sinclair, 1982) beschreibt nicht nur das Lernen selbst und die Anpassung dessen, was gelernt wurde, sondern auch Mechanismen von Gewöhnung, Gefühlen, Schlaf, Trance und Amnesie. (Dies habe ich in ‚The Feed forward Conception of Consciousness’-  auch bekannt unter den Titel: Secret Psychology (Derks, 1986). Das Konzept des „autobiographischen Gedächtnisses” beschreibt Speicherung und Abruf bestimmter Ereignisse. Ich vermute, dass auf der Basis dieser Ereignisse ununterbrochen Generalisierungen gemacht werden. Das Gehirn formt aus konkreten, sensorischen Erfahrungen automatisch abstrakte Generalisierungen. ‘

Die Tendenz, Erfahrungen in Form kompakter Konzepte oder Schemata zu bündeln, bestimmt die Entwicklung der menschlichen Psyche. Das Ergebnis ist abstraktes Denken, Vernunft und Logik. Sprache fasst diese Generalisierungen in Symbole und macht sie handhabbar und kommunizierbar.

Die zentrale Rolle des „Zeit-Codes“
Alles Erlernte ist (prinzipiell) als Erinnerung im Gedächtnis gespeichert – auch in seinem zeitlichen Bezug. Das Gedächtnis versieht Erinnerungen offenbar mit einem Zeit-Code. Dieser Zeit-Code bewirkt ein wichtiges Phänomen, das wie folgt formuliert werden kann:

„Alte Überzeugungen sind stärker als neue Überzeugungen.“
Die Psyche schützt sich auf diese Weise offenbar davor, beliebig (neuen) Sinn oder Unsinn zu übernehmen. Dieser Schutz ist die Wurzel des Widerstands, dem wir sowohl in der Psychotherapie als auch in der Erziehung – Konservatismus (Grundsatz der Vorsicht) – begegnen.

In unserem Modell der Wirklichkeit werden Zeit und Raum wahrgenommen und enkodiert. Unseren Erinnerungen wird ein Platz im mentalen Raum gegeben. Daraus entsteht die persönliche „Zeitlinie“ (timeline) – ein weiteres wichtiges Konzept des NLP, das auf dem Konzept des „mentalen Raums“ basiert. Der „mentale Raum“ selbst ist möglicherweise das Ergebnis einer ursprünglichen Generalisierung des physischen Raums, den ein Baby im Mutterbauch erlebt.

DEFINITION

Das „Soziale Panorama“ ist der Teil des gedanklichen „Modells der Wirklichkeit“, das sich auf soziale Beziehungen und Sachverhalte bezieht. Es beinhaltet die Bilder und Repräsentationen von Menschen und sozialen Einheiten. Diese Bilder werden „Personifikationen“ genannt.

Aus Gründen der Vereinfachung und pragmatischen Eleganz reduziert das „Soziale Panorama“ soziale Erfahrungen auf „Personifikationen“ und deren Anordnungen im „mentalen Raum“.

Die praktische Methode zur Erkundung des „Sozialen Panoramas“
Wir bestimmen den Ort einer Personifikation auf der Grundlage von Distanz und Richtung. Auch die Augenhöhe und die Blickrichtung der entsprechenden „Personifikation“ (wohin die „Personifikation“ schaut) sind dabei von Bedeutung. Dabei nutzen wir die im NLP gebräuchliche Methode der geführten Innenschau (Introspektion), um das „Soziale Panorama“ einer Person schrittweise zu erkunden. Der zentrale Bezugspunkt, von dem aus „Personifikationen“ lokalisiert werden können, ist das „kinästhetische Selbst“. Dieses finden wir im Zentrum des „Sozialen Panoramas“. Es befindet sich normalerweise innerhalb des Körpers und wird auch „Ich-Gefühl” genannt.

Der zweite Anhaltspunkt für die Ortsbestimmung einer Personifikation ist das, was wir die „12-Uhr-Position” nennen (geradeaus in der Mitte).

Der Kreis der Intimität wird durch den Abstand von einer Armlänge um die Person herum bestimmt.

Wir nutzen die Augenhöhe der Person als Referenzpunkt in der vertikalen Dimension.

Das spontane, nonverbale Verhalten des Klienten bzw. der Klientin verrät eine Menge über den Ort der wichtigen „Personifikationen“.

Die Konzepte und Thesen
Die Arbeitshypothese des sozialen Panoramas ist:

Ort = Beziehung (location equals relation).
Dies bedeutet, dass die sozio-emotionale Bedeutung einer Beziehung von dem Ort, auf dem sich die „Personifikation“ befindet, determiniert wird.

Um eine Beziehung zu verändern, muss die dazu gehörende „Personifikation“ neu positioniert werden. Daraus ergibt sich eine einseitige Veränderung der Beziehung. Diese Veränderung kann von der Person, die sie vorgenommen hat, wahrgenommen und in ihrer Wirkung erlebt werden.

Eine wichtige Annahme des „Sozialen Panoramas“ ist:
Eine einseitige Veränderung in der Beziehung kann das Beziehungserleben und -verhalten anderer Menschen – oft in überraschend positiver Weise – ändern.

Es gibt jedoch keine Garantie, dass dies passieren wird.
Jeder Gegenstand hat eine Reihe grundlegender Eigenschaften: Oberfläche, Gewicht, Form, Farbe, Härte, Zentrum der Schwerkraft, Länge, Höhe, Breite usw. usf. Und er befindet sich an einem bestimmten Ort im Universum. Als Kinder sind wir bereits mit diesen Eigenschaften vertraut. Wir könnten sie „Vergegenständlichungsfaktoren“ nennen – Bedingungen, die eine Sache erfüllen muss, um ein Objekt zu sein.

Menschen sind ebenfalls Gegenstände, die beobachtet werden können, sie erfüllen die Kriterien der Vergegenständlichungsfaktoren. Aber sie gehören zu einer besonderen Kategorie von Gegenständen. Als soziale Gegenstände haben sie eine Zahl zusätzlicher besonderer Eigenschaften

Personifikationstheorie
Die soziale Entwicklung eines Menschen kann durch die Fähigkeit, sich selbst und andere angemessen zu repräsentieren, beschrieben werden. Die Personifikationstheorie des „Sozialen Panoramas“ beschreibt die allgemeine Struktur der Konzepte, die Menschen benutzen, um Individuen, Gruppen und andere soziale Einheiten zu repräsentieren.

Bei der „Repräsentation von anderen“ werden diesen anderen automatisch Eigenschaften zugeschrieben. Diese Eigenschaften werden der eigenen Erfahrung entnommen und sind deshalb der Person selbst zu eigen – sie sind idiosynkratisch. Da sie die grundlegende Struktur von Personifikationen bilden, nennen wir diese Eigenschaften „Personifikationsfaktoren“.

Die grundlegenden „Personifikationsfaktoren“ sind:

  • Äußerliche Beobachtbarkeit des „Menschen aus Fleisch und Blut“ mit allen sensorischen Kanälen (VAKOG external).
  • Innere Beobachtbarkeit der Personifikation mit allen sensorischen Kanälen (VAKOG internal)
  • Ort (Der Ort der Personifikation einschließlich der Augenhöhe und der Blickrichtung)
  • Fähigkeiten (Die Personifikation ist zu vielen Dingen fähig.)
  • Motivation (Die Personifikation hat einen Willen.)
  • Perspektive (Die Personifikation hat ihre eigenen) Überzeugungen und ihre eigene Art und Weise, auf die Dinge zu blicken.)
  • Emotionen (Eine Personifikation hat Gefühle.)
  • Selbst-Bewusstsein (Eine Personifikation weiß, wer er/sie zwischen den anderen ist.)
  • Spirituelle Verbindungen (Eine Personifikation ist mit dem größeren Ganzen verbunden.)
  • Grund (Eine Personifikation kann etwas begründen und kann logisch argumentieren.)
  • Name (Eine Personifikation hat einen Namen.)

Die Abhängigkeit der Erfahrung des Selbst von der Art und Weise, wie andere erfahren werden (und umgekehrt), führt zu der Einsicht in die Mechanismen von Macht und Einfluss. Das „Gesetz der dominanten Personifikation“ kann wie folgt zusammengefasst werden:

Wenn das Bild des anderen bedeutender (höher, größer, breiter, näher) als das Selbstbild ist, dann wird der andere als mächtiger erfahren. In der Regel führt dies zu einem unwillkürlichen Wechsel von der ersten in die zweite Wahrnehmungsposition.

Mehr dann gerne wieder im Herbst
Feel Spaß Lucas und Ralf

23. Februar 2017