WAS STECKT HINTER DEM SOCIALPANORAMA?!

WAS STECKT HINTER DEM SOCIALPANORAMA?!

Wir sind soziale Wesen, deshalb ist unser Leben voller Menschen. Um uns erfolgreich zwischen ihnen bewegen zu können, brauchen wir eine (mentale) Repräsentation der Menschheit, die uns sagt, wer Menschen sind und wie wir zu ihnen passen. Wir müssen die einzigartigen Eigenschaften erkennen, die Individuen auszeichnen. Zugleich benötigen wir eine Möglichkeit, unsere Beziehungen mit den Menschen, die uns umgeben, auf eine allgemeine Weise für uns selbst zu denken und mental repräsentieren zu können..

Die Frage, die das Soziale Panorama beantwortet, lautet:
Wie repräsentieren wir mental zwischenmenschliche Beziehungen?“

Nach mehr als zwanzig Jahren Forschung bin ich zu folgender Schlussfolgerung gekommen:
„Wir repräsentieren unsere Beziehungen unbewusst in Form einer dreidimensional-räumlich organisierten Landkarte.“

Diese Tatsache hat biologische Wurzeln: Wir werden durch unsere Anatomie, insbesondere unsere Sinnesorgane und unsere Neurologie gezwungen, eine Darstellung der uns umgebenden Wirklichkeit zu schaffen.

Dies beginnt bereits im Mutterbauch. Wesentlich ist die Verallgemeinerung (Generalisierung) von Abfolgen sensorischer Erfahrungen: sie werden in unserer Erinnerung auf abstrakt-schematische Repräsentationen reduziert.

Wir ziehen aus vielen und unterschiedlichen Erfahrungen allgemeine Schlussfolgerungen und kommen so zu Annahmen, Gewissheiten, logischen Konsequenzen und Glaubenssätzen (beliefs) über die Welt, in der wir leben. Wir gründen unser Bild von der Wirklichkeit auf diesen Verallgemeinerungen. Und wir sind auf ein solches Gedankenmodell angewiesen, um in der Welt erfolgreich agieren und funktionieren zu können. Dieses selbsterzeugte – und keineswegs perfekte – „Modell der Welt“ repräsentiert die Wirklichkeit in einer verzerrten, viel zu allgemeinen und begrenzten Art und Weise. Dies gilt auch für unser Modell des sozialen Aspekts der Wirklichkeit.

Menschen werden zuerst als physische Objekte im Raum um uns her wahrgenommen. Wir sehen sie als Wesen aus Fleisch und Blut mit all ihren Besonderheiten und Details, ihren einzigartigen Eigenschaften und Veränderungsmöglichkeiten. Die Fülle dieser Aspekte muss auf ein einfaches abstraktes Modell reduziert werden. Die Mannigfaltigkeit, die Feinheiten und die Dynamik, die Menschen tatsächlich besitzen, gehen vermutlich über unsere Fähigkeit, dies alles zu speichern, weit hinaus. Würden wir diese Qualitäten allesamt bewusst erfahren können, würde es uns schwer fallen, Beziehungen zu Menschen in unserem Umfeld in einer stabilen Weise zu gestalten.

Wenn wir ihre gesamte Wirklichkeit in unserem Gedächtnis aufbewahren müssten, wäre das Ergebnis für uns zu komplex und detailreich, um unsere eigene Stellung in Bezug auf andere Menschen unmittelbar so festzulegen, wie dies im Alltag nötig ist. In den meisten Begegnungen mit Menschen müssen wir wissen, wo wir stehen und was von uns erwartet wird. Aus diesem Grund reduzieren wir sie zu einfachen Bildern, die wir in unserem Kopf speichern. Mit anderen Worten: Jede wichtige Person wird in unserem Kopf – das ist meine These – zumindest in Bezug auf ihre Richtung und ihre Höhe abgespeichert. In der modernen Kunst und in Kinderzeichnungen sehen wir, wie möglicherweise die Bilder von Menschen aussehen, die wir in unserem Gedächtnis speichern. Auf diese Weise schaffen wir eine Landschaft voller Repräsentationen von Menschen – ein „Soziales Panorama“.

Die Fähigkeit, zwischen „Menschen aus Fleisch und Blut“ und ihrer „Repräsentation“ in unserer Vorstellung – wir nennen das „Personifikation“ – zu unterscheiden, ist wesentlich für die Arbeit mit dem Modell des „Sozialen Panoramas“.

Lernen lässt sich als teils bewusster, teils unbewusster Vorgang beschreiben, der letztlich zu automatisch ablaufenden und unter normalen Umständen nicht mehr bemerkbaren Denkvorgängen führt. Nach einer Weile wird alles, was gelernt wurde, unbewusst.

Insbesondere das Lernen in der frühen Kindheit – dazu gehört vor allem auch die Fähigkeit, mit anderen Menschen in Beziehung zu treten – mündet in einem Zustand „unbewusster Kompetenz“.

Das Eingehen sozialer Beziehungen ist etwas, das Menschen als völlig natürlich und “normal” erleben. Das Modell des „Sozialen Panoramas“ befasst sich mit den sehr rasch und automatisch ablaufenden unbewussten Denkprozessen, die damit verbunden sind. Es erlaubt uns zu entdecken, dass Menschen in der Lage sind, mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu jonglieren, ohne eine bewusste Wahrnehmung der daran beteiligten Denkprozesse zu haben. Daher kann hier von „unbewusstem sozialem Wissen“ gesprochen werden.

Da ihr Modell der sozialen Wirklichkeit unbewusst ist, bemerken die meisten Menschen nicht, wie sie ständig Bilder anderer Menschen mit sich herumtragen und dass sie diese Bilder immer wieder auf neue selbst erschaffen sowie ständig damit beschäftigt sind, diese umzugruppieren und zu verändern. Menschen werden sich dessen erst bewusst, wenn ihnen das Modell des „Sozialen Panoramas“ vorgestellt wird. Zuvor hatten sie oft nur „magische“ Erklärungen für die unverständlichen Phänomene, die aus unbewussten sozialen Kognitionen stammen.

Sobald Menschen bewusst gemacht wird, wie das „Soziale Panorama“ funktioniert, eröffnet sich ihnen eine aufregende Welt. Beziehungen sind nicht länger unkontrollierbare Phänomene, sondern Ergebnisse unbewusster Prozesse. Sobald sie davon wissen, erscheint das soziale Panorama den meisten Menschen als etwas Natürliches, weil sie es, wenn auch unbewusst, seit frühester Jugend benutzen. Es ist das folgerichtige Ergebnis ihrer frühen sozialen Entwicklung.

Dieses Modell ermöglicht es uns zu sehen, wie wir uns selbst einen Platz zwischen Anderen zuordnen. Einen Platz, der uns häufig nicht die besten Möglichkeiten im Leben anbietet; der uns auch manchmal begrenzt. Sobald wir dies verstehen, eröffnen sich Wahlmöglichkeiten, die uns vorher verschlossen waren. Diese Einsicht hilft uns, unsere sozialen Erfahrungen zum Besseren zu verändern; und sie hilft uns auch, anderen zu helfen, dasselbe zu tun.

Die Repräsentation sozialer Wirklichkeit ist ein unbewusster Vorgang. Er ist automatisch und ausgesprochen schnell. Bilder von anderen bleiben unter normalen Umständen unterhalb der Schwelle des Bewusstseins. Das bedeutet, dass Menschen wissen, was sie meinen, ohne dass sie sich der zugrundeliegenden kognitiven Prozesse bewusst sind. Die Untersuchungsmethoden des „Sozialen Panoramas“ gewähren Menschen bewussten Zugang zu dieser ansonsten unbewussten Ebene.

Skeptikern fällt es schwer zu glauben, dass unbewusste Repräsentationen bewusst gemacht und verändert werden können. Um erfolgreich mit dem „Sozialen Panorama“ arbeiten zu können, muss der Coach oder Therapeut diesen Widerstand überwinden. Nicht mit dem Modell vertrauten Menschen erscheint das „Soziale Panorama“ als vage und schwer fassbar – und dennoch lässt sich zeigen, dass dieses vage „Handgepäck“ einen zentralen Bereich unserer Existenz – das Erleben unserer Beziehungen und unseres eigenen Selbst – maßgeblich beeinflusst und mitbestimmt.

Das „Soziale Panorama“ wurzelt in der „Theorie der sozialen Kognition“ sowie dem pragmatisch orientierten Ansatz des NLP – insbesondere die Arbeit mit Submodalitäten und Teilen. Es stellt eine Weiterentwicklung des NLP dar und wendet es auf eine Fülle sozialpsychologischer Phänomene an.

Da fast alle menschlichen Probleme mit Beziehungen zu tun haben (soziale Komponenten besitzen), ist das „Soziale Panorama“ fast universell auf Fragestellungen der persönlichen Entwicklung anwendbar. Seine systematische Natur klärt auch schwierigste Beziehungsthemen.

Das Modell des „Sozialen Panoramas“ ist ein NLP-Instrument, das in einer überraschend einfachen Weise genutzt werden kann, um mit Paarbeziehungen, mit Beziehungen zu Freunden, Kollegen, Kindern, Fremden, Gruppen, Teams, Verstorbenen, Geistern oder Göttern zu arbeiten. Es ist darüber hinaus auch da anwendbar, wo ein Mangel an Selbstwert und Selbstvertrauen Schwierigkeiten verursachen. Und es ist ein nützlicher Ansatz, wenn es um die Beziehung zwischen Gruppen, Stämmen, Völkern, politischen Parteien, Abteilungen und Organisationen geht.

Für Menschen mit NLP-Hintergrund liefert das Modell eine Fülle an zusätzlichem Handwerkszeug. Wird es mit dem Repertoire des NLP kombiniert, erlaubt es seinen Nutzern, um einiges effektiver und veränderungswirksamer zu arbeiten.

Feel Spaß
Wir sehen uns vielleicht im Herbst.
Lucas und Ralf in Dresden

23. Februar 2017